Lars Becker: „Großer Erfolg, dass ich die beiden Schauspielerinnen im Casting durchbekam“

Lars Becker ist als ein sehr vielseitiger Filmregisseur und Drehbuchautor bekannt. Am Montag, 8. April 2024, um 20.15 Uhr zeigt das ZDF den neuen Lars Becker-Krimi „Der Millionen Raub“. Der mehrfach ausgezeichnete Autor und Regisseur inszenierte den Film bei dem – wie so oft im richtigen Leben – Freud und Leid, Tragik und Komik dicht beieinander liegen. Der Krimi ist bereits ab Samstag, den 30. März 2024, in der ZDFmediathek abrufbar.

Herr Becker, „Die Macht der Frauen“ war ein sehr ernster Film, der „Der Millionen Raub“ hingegen ist ein Krimi mit komödiantischen Zügen. Sie haben in beiden Fällen die Drehbücher geschrieben und als Regisseur realisiert. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, was für ein Stoff Sie reizt?

Das ist eine gute Frage. Bei „Der Millionen Raub“ bin ich einfach froh gewesen, mal einen Film zu machen, der keiner Reihe angehört. In dem Film geht es um eine Wäscherei und vier Frauen-Rollen, die stark im Vordergrund stehen. Vor allem bei den beiden älteren Frauenrollen (Anica Dobra und Inaam Al Battat, Anm.d.Red) bestand fast mein größter Erfolg darin, dass ich die beiden Schauspielerinnen im Casting durchbekommen habe. Beide sind in Deutschland nicht sehr bekannt.

Sie meinen, weil beide Schauspielerinnen einen Migrationshintergrund haben. Inwiefern ist es schwierig, solche Rollen entsprechend zu besetzen?

Ich will nicht sagen, dass es großen Widerstand gegeben hat. Aber ich gehöre ja auch zu den Regisseuren, die etwas privilegierter sind. Dadurch habe ich es ein bisschen einfacher als andere Regisseure, Diversität in einem Film zu realisieren. „Der Millionen Raub“ ist ein gutes Beispiel: Eine Hauptrolle ist tunesischer Herkunft, die andere Hauptrolle ist serbischer Herkunft, eine Tochter ist Marokkanerin, die Söhne sind auch binational. Wenn man eine solche Besetzung plant, muss man dafür stark eintreten.

Alice König (Anja Kling, r.) besucht Haifa Abdallah (Inaam Wali-Al Battat, l.) in der Wäscherei.

Der Arbeitsmarkt für ältere Schauspielerinnen und Schauspieler ist ein gutes Thema. Sie haben eben angesprochen, dass Sie zwei Hauptrollen mit älteren Schauspielerinnen besetzten. Haben Sie das Gefühl, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Darsteller des höheren Alters verbessert hat?

Aus meiner Sicht hat sich auch in dieser Hinsicht kaum etwas verbessert. Dabei sind wir eine alternde Gesellschaft. Leider wird das komplett unterschätzt. Ich bin froh, dass ich zwei 60-jährige Schauspielerinnen für große Rollen besetzen konnte. Es wird mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich eine solche Besetzung vornehme. Insgesamt aber ist der Lernprozess in der Diversität – das betrifft Alter, Religion, Herkunft, Hautfarbe, LGBTQI+ – sehr langsam. Es gibt noch immer sehr viel Diskriminierung. Dabei ließe sich die Diversität im Prozess des Filmemachens wunderbar als ein Werkzeug nutzen. Das Problem ist aber: Die Wirklichkeit von vielen in der Branche entspricht nicht dem, was von ihnen in der Diversität verlangt wird. Viele können überhaupt nicht überschauen, was für Fehler sie machen, weil sie gar nicht in der Selbstreflexion sind.

Demnächst ist im ca:stmag ein großes Spezial zum Thema Arbeitsmarkt für ältere Schauspielerinnen und Schauspieler zu finden. Darin kommt unter anderem die Agentin Ulrike Boldt zu Wort, die sich mit der Schauspielagentur 60plus auf die Vermittlung von älteren Schauspielerinnen und Schauspieler spezialisiert hat.