Regisseur Mark Schlichter über Alkohol-Probleme: „Nach dem Druck bei den Dreharbeiten kommt die absolute Leere“

Mark Schlichter ist unter anderem als Regisseur von den Krimi-Reihen „Tatort“ oder „Zorn“ bekannt. Mit „Im Rausch“ realisierte der 62-Jährige eine sehr persönliche Geschichte. Der Fernsehfilm des ZDF (Montag, 29. September im ZDF, bereits jetzt abrufbar in der Mediathek) mit Friederike Becht und Hans Löw handelt von Alkoholsucht.

Schlichter war früher selber von dieser Krankheit betroffen. Im Interview mit dem ca:stmag verrät er, warum die Film- und Theaterbranche von Alkohol-Problemen besonders betroffen ist.

Herr Schlichter, ist „Im Rausch“ der persönlichste Film, den Sie je gemacht haben?

Ja, weil es um ein Problem geht, mit dem ich mich selbst jahrzehntelang herumgeschlagen habe. Bis zum Beginn dieser Drehbuchentwicklung. Dadurch habe ich erst gemerkt, dass es mit dem „erst mal etwas weniger trinken und dann ganz aufhören“ nicht mehr funktionierte, und ich habe mich für 5 Tage in eine Entzugsklinik einweisen lassen. Das war meine Rettung. Danach wurden die weiteren Recherchen und das Schreiben für mich zur Therapie.

(Foto: Edith Held)

Wie lange waren Sie von dem Problem betroffen?

Seit Ewigkeiten. Wie so viele war ich mit 15 neugierig und habe ab und zu mit Freunden an Wochenenden getrunken. Das hat sich dann über einen sehr langen Zeitraum immer weiter gesteigert. Das Perfide an der Krankheit ist ja, dass es ein schleichender Prozess über Jahrzehnte sein kann, der sich relativ unauffällig einschleicht, immer mehr verfestigt und normalisiert. Und irgendwann trinkt man immer wieder zu viel. Und da es ja normal ist und man ja scheinbar damit auch halbwegs funktioniert, geht das so weiter. Bis man nicht mehr „funktioniert“.

Die beiden Protagonisten des Films machen sich mit ihrem Alkoholkonsum ihr Leben kaputt. Wie viele persönliche Erfahrungen sind in den Film eingeflossen?

Viele. Mein absoluter Tiefpunkt war, als ich in der Küche nach den letzten Resten Alkohol gesucht und alles zusammengegossen habe. Genau diesen Moment gibt es ja auch im Film, als die wunderbare Friederike Becht sich bemüht aus zehn fast leeren Flaschen doch noch ein Glas mit einer ekelhaften Brühe zusammenzugießen und das Zeug dann trinkt.

Die von Friederike Becht dargestellte Person ist Journalistin und wird auch während Ihrer Arbeit, in diesem Fall in einem Interview, auf ihren Alkoholkonsum angesprochen. Ist Ihnen so etwas auch passiert?

Nicht direkt. Aber auch bei mir kam es vor, dass ich mittags zur Beruhigung ein Bier getrunken habe und meine Regieassistentin mir sagte, dass ich vielleicht ein paar Pfefferminzbonbons lutschen sollte. Den Satz hat die tolle Katrin Sass dann ja im Film so ähnlich übernommen.

Sind Schauspieler, Regisseure etc. besonders betroffen, weil Ruhm und Einsamkeit, Erfolg und Durststrecken oft so nahe beieinander liegen?

Sicher. Der Druck kann bei Dreharbeiten ja enorm sein. Da geht es manchmal um Sekunden. Und nach einem ganzen Dreh, bei dem man Wochen auf Hochtouren läuft und dann plötzlich alles zu Ende ist, kommt für manche die absolute Leere. Manche klappen dann einfach zusammen. Das kennen Hollywood-Legenden wie Brad Pitt oder Al Pacino genauso, wie viele deutsche Schauspieler und Filmemacher.

Das komplette Interview ist in der aktuellen Ausgabe vom ca:stmag zu lesen. Darin verrät Schlichter unter anderem, wie sich die Schauspieler auf die Rolle eines Alkoholikers vorbereitet haben und wie man einen Betrunkenen spielen sollte.